Zur Zeit ist es ja sehr schwierig geworden, Hefe zu bekommen. Da habe ich mich erinnert, dass mir mein Großvater früher mal erzählt hat, wie er im Krieg unsere Bäckerei am Laufen gehalten hat.
So war es, als die Bäckerei im Krieg nach Bad Bergzabern ausgelagert wurde….
Er hat immer erzählt, es gab kein normales Mehl mehr, nur noch Maismehl war zu bekommen. Dieses hat aber ein ganz anderes Backverhalten wie unser gewohntes Weizen-, oder Roggenmehl. Es hat auf alle Fälle viel mehr Zeit gebraucht, konnte nicht direkt am nächsten Tag, nachdem angesetzt war, verarbeitet werden, es musste fast eine Woche liegen und garen, bis es ein Brot gab, dass in den Augen meines Großvaters essbar war. Und er hatte mir erzählt, dass er dafür keinen reinen Sauerteig nehmen konnte, sondern sich selbst Hefe vermehrt hat, damit diese Brot anspringen konnte ( die Hefe hilft bei der Gare und vermehrt sich, dass nannte er ‚anspringen‘).
Altes Wissen vom Papa und Opa…
Nun habe ich mir das alte Notizheft von meinem Papa rausgekramt, da sind Notizen von ihm drinnen, die er sich in seiner langen Bäckerkarriere gemacht hat. Viele Rezepte habe ich mit meinem Papa zusammen nachgebacken, er hat mir genau erklärt, wie sie gehen und worauf ich achten muss. In diesem Notizheft ist aber auch Wissen niedergeschrieben, von dem mein Papa immer meinte, dass wirst du in deinem Leben nicht mehr brauchen, darüber müssen wir uns keine Gedanken machen. Und genau so ein Wissen ist für uns heute wertvoll, wie ich Hefe selbst vermehre, wenn es Lieferengpässe gibt.
Kostbares Wissen vom Opa, dass der Papa nicht gebraucht hat….
Mein Papa hat immer die Hefe in riesen Würfeln von unserem Lieferanten, dem „Hefehot“ bekommen, er musste sie nicht vermehren. Deswegen ging bei ihm wohl die Methode, die er vom Opa notiert hat, etwas unter. Aber ich habe es gefunden im Heftchen und für dich ausprobiert und ja es klappt, sogar wunderbar 🙂
So vermehrst du deine Hefe….
Du brauchst einen klitzekleinen Rest von deinem letzten Hefewürfel, genau 0,1 g, so viel wie ein Reiskorn. Vielleicht kannst du dich ja mit der Nachbarschaft zusammen tun, irgendwer hat bestimmt noch einen Würfel, oder du hast Glück wie wir, gleich morgens, als der Laden offen hatte, bekamen wir noch einen Würfel, den ich jetzt in Portionen aufgeteilt habe und wer in meinem Bekanntenkreis Hefe sucht, bekommt etwas ab, mit folgendem Rezept:
Zutaten für die Hefevermehrung
- 0,1 g Hefe
- 150 g zimmerwarmes Wasser
- 250 g Weizenmehl (405 oder 550)
- Mische diese drei Zutaten zusammen, lass sie eine Stunde in der Küche stehen und stelle dann die Schüssel abgedeckt in den Kühlschrank, für ca. 4-14 Tage
- Schau dir deinen Ansatz jeden Tag an, schau wie der Teig anfängt, Blasen zu bekommen und wie sich die Hefe fröhlich vermehrt.
Wie verwende ich den Vorteig?
Heute ist der große Tag, du möchtest mit deiner vermehrten Hefe was backen, sorry, dann bist du einen Tag zu spät. Plane genau, du brauchst morgen dein Hefegebäck, dann musst du heute den Teig ansetzen, weil deine Hefe ist nicht ganz so schnell, wie dein normaler Würfel.
Rezept für Apfelhefeschnecken mit selbstvermehrter Hefe:
- Wichtig, am Abend, bevor du bäckst, den Teig ansetzen, dafür brauchst du:
- Deinen Vorteig (vergiss nicht, 50 g im Glas zu füllen und in den Kühlschrank zu stellen)
- 300 g Weizenmehl (405)
- 1 Ei
- 2 EL Milch
- 100 g Zucker
- 1 Prise Salz
- 1 Apfel
- 50 g Mandeln (grob geschrotet)
- 1 El brauner Zucker
- 2 El Rosinen
- Gib den Vorteig, das Weizenmehl, das Ei, die Milch, den Zucker und die Prise Salz in deine Rührmaschine und mache daraus wie gewohnt einen Hefeteig. Eine genaue Schritt-für-Schritt Anleitung, wie du einen Hefeteig machst, findest du hier.
- Lass diesen Hefeteig nun abgedeckt über Nacht in deinem nicht eingeschalteten Backofen gehen. Die Hefe wird sich dort munter weiter vermehren und dir einen lockeren, leichten Teig bescheren.
- Am nächsten Tag rollst du diesen Teig zu einer Platte (ca. 30 x 30 cm) mit dem Wellholz aus. Reibe lediglich das Wellholz ein wenig mit Mehl ein, du wirst sehen, mehr Mehl brauchst du zum verarbeiten nicht, da der Teig durch die lange Gare schon geschmeidigt und nicht mehr klebrig ist.
- Auf diese Platte verteilst du nun deine Rosinen, den in kleine Würfel geschnittenen Apfel, die grob zerhackten Mandeln und den braunen Zucker. Rolle die Platte auf, schneide kleine Schnecken, lege diese dicht an dicht in eine Kuchenform, decke die Form ab und lasse dem ganzen wieder ca. 1/2 bis 1 Stunde Zeit zum ruhen.
- In dieser Zeit kannst du deinen Backofen auf 200° Celsius bei Ober- und Unterhitze vorheizen.
- Wenn deine Schnecken ca. um das doppelte gewachsen sind, gib sie in den Backofen und backe sie ca. eine 1/2 Stunde goldbraun.
- Guten Apettit
Wie geht es weiter?
Genauso wie bei Sauerteig (Rezept findest du hier) nimmst du ungefähr 50g von deiner vermehrten Hefe und füllst diese in ein Glas und stellst es in den Kühlschrank, dort wartet sie wieder auf ihren Einsatz.
Plane rechtzeitig, schnell geht es damit nicht, es ist Slowbaking 🙂
Du willst wieder etwas backen, dann nimmst du das Glas mit der vermehrten Hefe aus deinem Kühlschrank, gibst 150 g lauwarmes Wasser und 250 g Mehl dazu und setzt wieder neuen Vorteig für dein Backvorhaben an.
Viel Spaß beim Nachmache
Toll:)
Ich will schon lange meine eigenen Brote etc backen! Danke für den Artikel und die Rezepte. Altes Wissen zu teilen ist echt eine schöne Sache 🙂
Danke dir, freue mich, dass dir meine Beiträge gefallen
Hallo Heike!
Ich habe ein paar Fragen.
1.Gestern habe ich das mit der Hefe probiert. Du meine Güte was ist da eine Kraft in dem bisschen Hefe!! Da ich die Kapazität eines Marmeladenglases unterschätzt habe, habe ich nur 150 gr. der genannten Mehlmenge verwenden können. Heute kam mir das Gemisch fast entgegen!? Ich habe es jetzt in eine Schüssel getan. Soll ich das jetzt noch die fehlende Mehlmenge reintun?
Wann weiß ich eigentlich, ob die Hefe nach 4 Tagen aktiv genug ist, oder ob sie noch länger braucht?
Wieviel Gramm nehme ich denn von der Ersatzhefe, wenn ich sie verwenden will?300 gr.? 50 gr. soll ich ja zurückhalten und wieder weiterzüchten.
2. ich habe ausversehen Roggen-Anstellgut mit Weizenmehl 550 gefüttert. Es ist nun sehr aktiv. Mehr als mit Roggenmehl. Ist es besser. Es zu verwerfen und neu zu starten?
3. Ich habe ein Dinkel-Quark-Brot angesetzt. Der Teig ist wie der Teufel gegangen. Sauerteig und Hefe waren das Triebmittel. Nach 18 Std. sollte der Teig rundgewirkt werden und ab in’s Körbchen. 2 Std. dort verbleiben dann in den Topf etc. Ab dem Moment, in dem der Teig im Körbchen war und auch dann im Topf, tat sich mit der Gärung nichts mehr. Das Brot ist sehr flach geblieben. Die Krume ist ziemlich fest und saftig, aber schmecken tut’s gut. Woran kann es liegen, dass sich plötzlich ab dem Gärkörbchen quasi nichts tat? Zuviel rundgewirkt, obwohl ich sehr vorsichtig war und m.E. nicht mehr fest geknetet habe?
Liebe Grüße
Annette
Wow ganz schön viele Fragen ?
Du nimmst von deiner angesetzten Hefe 50g weg für das nächste Mal und den Rest nimmst du für deinen Teig.
Deinen Ansatz mit den Weizenmehl kannst du verwenden, eventuell machst du ein Landbrot mit hohem Weizenanteil draus, vergiss aber nicht, etwas für den nächsten Ansatz anzunehmen.
Ich denke, bei deinem Dinkelbrot hast du zulange gewartet. Probiere früher rund zu wirken und damit die Hefe nicht übergangen ist. 18 Std. ist schon sehr lang.
Liebe Grüße Heike
Hallo Heike,
gerade backt das erste Brot, ein Quark-Stuten, mit der selbst hergestellten Hefe. Ich hätte nicht gedacht, dass das soo gut klappt. Die nächste aus den verbliebenen 50 gr. angesetzte Hefe bläst schon die Backen auf! Ich habe auf die 50 gr. wieder mit 250 gr. Mehl und 150 gr. warmem Wasser verrührt und die über Nacht draußen stehen lassen und steht‘s wieder im Kühlschrank. Was mich interessiert ist wieviel nehme ich von dem „ Gebräu“, wenn ich zum Beispiel etwas Hefe mit zum Brotteig mit Sauerteig geben will?
Vielen Dank für Deine Hilfe, auch für Deine letzte Antwort und schöne Ostern!
Annette
Uih freut mich zu hören.
Es kommt ganz darauf an, wie fluffig du dein Brot möchtest. Wenn ich ein reines Roggenbrot mache, dann nehme ich ca. 80 g dazu, wenn ich einen hohen Weizenanteil habe, nehme ich den ganzen Ansatz.
Ich wünsche dir auch ein schönes Osterfest und weiterhin viel Spaß beim Backen. LG Heike
Guten Morgen, Heike!
Wow, ich habe mit der selbst „angebauten“ Hefe einen Brioche gebacken! KLASSE!
Übrigens ist die DIY-Hefe so aktiv, dass ich sie so wie einen gekauften Hefewürfel benutzen kann. Innerhalb 4 Std. war der Brioche fix und fertig, vom Teigansatz bis zum Rausholen aus dem Ofen!
Schönes Wochenende
Annette
Liebe Annette,
höre ich gerne, ich kann den Brioche schon riechen.
Schönes Wochenende für dich
Heike
hallo, wow das ist ja super interessant mit der hefe.
ich werde es auf jeden fall probieren. natürlich habe ich da auch eine frage. wie lange kann ich diese hefevermehrung im kühlschrank stehen lassen? wenn ich sie jetzt länger, so mehr als 10 tage nicht nutzen würde, muss ich sie auch regelmässig füttern wie einen sauerteig? ist es geschmacklich mit der reinen hefe vergleichbar? oder milder? d.h ich möchte brote mit reinem sauerteig backen, anfangs braucht man oft etwas hefe da der sauerteig noch nicht so eine starke triebkraft hat. ich habe brote mit hefe gebacken und sie schmeckten ziemlich heferig, das würde ich gern meiden. vielen dank schon mal für die hilfe! liebe grüße! janina
Hallo Janina,
ja du musst die Hefe füttern, so wie den Hefeteig, dann kannst du sie im Kühlschrank stehen lassen und immer wieder vermehren.
Die Hefe schmeckt viel milder wie „herrkömmliche“ Hefe, ich benutze sie auch gerne für meine Sauerteigbrot. Ich bin gespannt, wie es bei dir klappt und freue mich, wenn du uns von deinen Ergebnissen erzählst.
Liebe Grüße Heike
Hallo,
Ich würde gern mit dieser tollen eigenen Hefe leckere Sonntagsbrötchen backen.
Hättest du auch ein Rezept dafür?
Wieviel von der selbstvermehrten Hefe muss ich verwenden, wenn ich beispielsweise ein Rezept haben in dem von 20g frischer Hefe die Rede ist?
Ich bin von deinen Broten total begeistert und finde auch die Anleitungen für Sauerteig und Hefe richtig klasse. Danke dafür.
Liebe Grüße
Madlen
Hallo Madlen,
ich freue mich sehr, dass dich meine Brote so begeistern. Für Brötchen habe ich bisher noch kein Rezept hochgeladen, wir sind mehr die Brotesser.
Das Rustico-Baguette Rezept wäre vielleicht dafür eine Alternative, wenn du aus dem Teig Brötchen machst und kein Baguette -> https://pidufos-welt.de/2020/06/19/baguette-rustico/
Wenn du die selbst vermehrte Hefe verwenden willst, musst du für jedes Rezept einen Vorteig, wie in diesem Beitrag beschrieben erstellen und dieser Vorteig ersetzt dann die Hefe. Diesen Vorteig gibst du dann zu deinen Zutaten und lässt ihn mit den restlichen Zutaten nochmal gehen, dann wird es genauso funktionieren, wie bei dem Apfelhefeschnecken.
Diesen Ansatz kannst du dann genauso weiterverwenden wie einen Sauerteig, ist das gleiche Prinzip.
Ich hoffe, meine Antwort ist für dich verständlich und hilft dir weiter.
Liebe Grüße Heike
Liebe Heike,
Um an Hefe zu gelangen, wenn diese im Supermarkt ausverkauft ist, braucht man im Ernstfall sogar gar keinen existierenden Hefewürfel um sie wachsen zu lassen. Man braucht nur ein sehr sauberes (am besten abgekochtes) Gefäß, Mehl mit möglichst hoher Typzahl oder Vollkornmehl und Wasser. Das Mehl mischt man zu gleichen Teilen mit Wasser, sodass es eine zähe Pampe ergibt. Diese wird nun bei Raumtemperatur stehen gelassen und am nächsten Tag auf dieselbe Weise nachgefüttert und am übernächsten Tag ebenso usw.
Nach 3-4 Tagen entstehen kleine Bläschen, da dort Naturhefen wachsen und schon hat man einen Sauerteig- mit Hefen natürlich.
Man kann auch eine saubere Flasche mit Wasser befüllen, 50g braunen Zucker darin auflösen und eine ungeschwefelte Trockenfrucht hinzufügen (z.B. Feige, Dattel, o.ä). Auf den Trockenfrüchten sind, wie auf dem Mehl, ebenso Naturhefen vorhanden, die sich in dieser Nährlösung dann vermehren werden. Dieses Gemisch wird bei Raumtemperatur stehen gelassen und mehrmals täglich aufgeschüttelt. Die Lösung wird dann irgendwann trüb und wenn diese dann den hefetypischen Geruch aufweist, hat man alles richtig gemacht 😉
(Die Trockenfrucht natürlich dann entfernen)
LG,
Conny
Liebe Conny,
danke für die tolle Anleitung und Tipp